Entstehung des typischen Fells eines Bolonka zwetna

Kommen wir also zu den Fragen, wie das Haarkleid eines Bolonka entsteht, welche besondere Rolle das Furnishing dabei spielt und was genetisch hinter dem Bolonkafell steckt. 

Schauen Sie vorab auch ins Glossar unter den vereinfachten Erklärungen der Begriffe Locus, Gen und Allel.

Das Fell eines Bolonka zwetna setzt sich aus drei grundlegenden Bausteinen zusammen, die wir nacheinander betrachten müssen. Diese drei Bausteine bilden das Fundament für ein korrektes - dem Standard entsprechendes - Bolonkafell.

 

Langhaarigkeit - der erste Baustein

Wie im Eingangstext zum Fell des Bolonka bereits erwähnt (siehe dort), ist der Bolonka zwetna ein langhaariger Hund, der aber im Vergleich zu anderen Langhaar-Hunden, die nur langhaarig sind, noch einige Zusätze in der Behaarung aufweist.

 

Genetisch sind der Hund, der nur langhaarig ist, und der Bolonka hinsichtlich der Langhaarigkeit gleich ausgestattet.

Beide haben an dem Genort, der darüber entscheidet, ob das Fell lang oder kurz ist, das Allel für Langhaarigkeit vorliegen (Allelsymbol l) - und zwar in zweifacher Ausführung, weil Langhaar gegenüber Kurzhaar rezessiv vererbt wird, d. h. das Allel für Langhaarigkeit muss doppelt vorliegen, um im Phänotyp zur Ausprägung zu kommen.

 

Genauere Informationen, die ich zu den äußerlichen Merkmalen von Langhaar und zum Genort für Kurz- oder Langhaarigkeit bei Hunden bereit gestellt habe, finden Sie unter folgendem Link:

Kurz- oder Langhaar 

 

Furnishing - das gewisse Etwas

Nun wissen wir aber, dass der Bolonka das gewisse Etwas mehr besitzt als ein Hund, der nur langhaarig ist, wie beispielsweise der langhaarige Chihuahua.

Nochmals kurz zusammengefasst:

Sein Fell wird insgesamt länger, seine Beine sind auch an den Vorderseiten langhaarig, sein Vorgesicht zeigt langes Fell (Augenbrauen- und Bartwuchs), aber auch der gesamte Kopf ist lang behaart und er hat keinen Fellwechsel im Frühjahr und Herbst.

Diese zusätzlichen Eigenschaften fallen unter den Begriff Furnishing, der speziell auf die auffällige Gesichtsbehaarung abzielt.

 

Furnishing wird durch ein anderes Gen vererbt als Langhaar, es ist ein weiteres Gen (an einem anderen Genort), also ein weiterer Baustein für das Aussehen des Hundefells.

Das Furnishing-Allel (Symbol F) unterliegt einem dominanten Erbgang, es ist ein autosomal dominantes Allel, was bedeutet, dass ein einzelnes Furnishing-Allel ausreicht, um die Merkmale des Furnishing hervorzurufen. Infolgedessen ist möglich, dass ein Hund, der alle Eigenschaften des Furnishing in der Behaarung zeigt, dennoch verdeckter Anlageträger des normalen, unveränderten Allels (des Wildtypallels) ist.

Das "normale" Hundefell ohne Furnishing wird rezessiv vererbt und benötigt darum zwei Wildtypallele, um zur Ausprägung zu kommen.

 

Das Furnishing-Allel, das die oben genannten Eigenschaften des Furnishing verursacht, ist nicht das Langhaar-Allel! Die Allele für Langhaar und für Furnishing sind Mutationen von zwei verschiedenen Genen, die an unterschiedlichen Genorten und auf verschiedenen Chromosomen liegen.

Dennoch bewirkt das Furnishing-Allel eine Verlängerung des Hundehaares. Das Fell der Bolonka und anderer Bichonrassen bzw. der Rassen mit ähnlichem Wuschelfell wird länger als das eines nur langhaarigen Hundes, weil die Wachstums- und Lebensphase des Haares verlängert und zudem der halbjährliche (saisonale) Fellwechsel unterdrückt wird.

Gleichzeitig ist das Furnshing-Allel verantwortlich für ein modifiziertes Wachstumsmuster des Fells (siehe z. B. die veränderte Behaarung am gesamten Kopf).

 

Sein typisches Aussehen erhält das Bolonkafell u. a. dadurch, dass die Mutationen für Langhaarigkeit und Furnishing miteinander kombiniert werden.

 

Wissenswert ist, dass ebenfalls alle Rauhaarrassen (manchmal auch als Drahthaar bezeichnet) im Aussehen Furnishing zeigen und auch genetisch mit dem Furnishing-Allel ausgestattet sind. Das Furnishing-Allel bringt somit auch Rauhaarigkeit (Drahthaarigkeit) zur Ausprägung.

Dem Bolonka merkt man dies nicht unbedingt an, weil einerseits die zusätzlich vorliegende Langhaarigkeit das harsche Haar wieder weicher erscheinen lässt und andererseits die feinere und weiche Unterwolle ebenfalls lang wächst. Je mehr Unterwolle vorhanden ist - also je dichter das Fell ist, um so weicher fühlt es sich an. Schneiden bzw. Scheren des Fells lässt es sogar sehr weich werden und erzeugt bei hoher Dichte der Unterwolle plüschiges Fell.

 

Weitere Informationen, die ich zum Genort für Normal- oder Rauhaarigkeit bzw. Furnishing bei Hunden bereit gestellt habe, finden Sie unter folgendem Link:

Normalhaar oder Furnishing

 

Locken - das i-Tüpfelchen

Foto: Andrea Becker

Um das Haarkleid eines Bolonka zu vollenden, bedarf es eines weiteren Bausteins, eines weiteren Gens an wiederum einem anderen, dritten Genort auf einem weiteren Chromosom.

Das Fell des Bolonka soll gewellt oder gelockt sein. Locken werden durch das Locken-Allel hevorgerufen, welches wie das Furnishing-Allel einem autosomal dominantem Erbgang folgt. Das Allel für Locken muss also nicht doppelt am Genort für glattes oder lockiges Haar vorliegen, um Locken oder Wellen hervorzubringen.

 

Zusätzliche Informationen, die ich zum Genort für glattes oder gelocktes Fell bei Hunden bereit gestellt habe, finden Sie unter folgendem Link:

Glatt- oder Lockenhaar

 

Multifaktorelle Fellvariante

Drei verschiedene Erbfaktoren sind notwendig, um das Fundament für ein typisches Bolonkafell zu erzeugen: Die Mutationen für Langhaarigkeit, für Furnishing und für Lockigkeit. Darum gehört der Bolonka zwetna zu den Hunden mit einer so genannten multifaktorellen Fellvariante.

 

Mehr Informationen dazu finden Sie unter folgendem Link:

Multifaktorelle Fellvarianten

 

Ist das schon alles?

 

NEIN!

Um den Grundstock für das Bolonkafell zu bilden, reichen die drei grundlegenden Bausteine (Hauptgenorte) zwar aus, aber für die Perfektion des Fells kommen weitere erbliche Eigenschaften ins Spiel. Sie verkörpern zusätzliche Haupt- aber auch Nebenrollen, die für die Zucht durchaus von Bedeutung sind. Denn selbst bei den Bolonka, deren Fell bezogen auf die drei Hauptgenorte im eigentlichen Sinne nichts fehlt, können erhebliche Unterschiede sichtbar und fühlbar sein.

Als weitere Bausteine kommen Stockhaarigkeit (dichte Unterwolle), ein zweites (molekulargenetisch noch nicht entschlüsseltes) Gen für Langhaarigkeit sowie modifizierende Nebengenorte infrage.

Informationen dazu sollen in Zukunft folgen.